77 Musiktheater X: Alceste, Wielands erste deutsche Oper

von Martin Vogel

Band 77 der Orpheus-Schriftenreihe, 463 Seiten, Ganzleinen, 76,50 €, ISBN 3-922626-77-7

Wielands „Alceste“ mit der Musik von Anton Schweitzer, am 28. Mai 1773 im Weimarer Schloßtheater aufgeführt, ist nur noch wenigen Fachleuten bekannt, und sicher auch nur oberflächlich bekannt. Wie sie geklungen hat und heute auch noch klingen würde, weiß wohl keiner. Dabei ist „Alceste“ für die Operngeschichte von erheblicher Bedeutung. Sie ist, mit gewissen Einschränkungen, die erste deutsche Oper, sollte jedenfalls nach Wielands Willen die deutsche Oper begründen, und steht überdies am Anfang der Weimarer Klassik. Aus Wielands „Alceste“ hört man schon Goethes „Iphigenie“ heraus.

Wielands erste deutsche Oper – weitere sollten folgen – war ein Erfolg. Vierzehn Opernplätze spielten sie nach. Allein in Weimar kam es zu 25 Aufführungen. Aber dann brannte das Weimarer Schloß ab, und Herzogin Anna Amalia entließ die Theaterleute nach Gotha.

Wielands „Alceste“ kennt heute nur noch der Literarhistoriker. Ihre Musik, Schweitzers Musik, kennt keiner mehr. Dabei hat sie ihre Schönheiten. Es ist gute, sangliche Musik. Wieland lobte sie und sich in seinem „Teutschen Merkur“ so überschwenglich, daß er den Spott seiner literarischen Zeitgenossen, unter ihnen Goethe und Lenz, herausforderte. Einer Flut von vierzig Anti-Wieland-Schriften hatte Wieland standzuhalten. Die Lage beruhigte sich erst, als es Wieland gelang, erst Goethe, dann auch Lenz, nach Weimar kommen zu lassen: aus Gegnern wurden Freunde. Letzten Endes geht der glückliche Umstand, daß Goethe nach Weimar ging, auf diese Vorgänge zurück.

Vogels Bühnenstück gibt die wichtigsten Partien aus Schweitzers Vertonung wieder und bringt dann aber auch jene Vorgänge auf die Bühne, insbesondere Goethes „Götter, Helden und Wieland“ und die von Weimars Musenhöflingen arrangierte Alceste-Parodie, in der Goethe als Herkules und Anna Amalia als Euridice auftraten. Ein umfangreicher Kommentar erläutert die Zusammenhänge und gibt die Belege.

Das hier samt Orchesterpartitur vorgelegte Bühnenstück ist das dritte von Vogels Goethe-Stücken. Band IX: „Stücke für Weimar“ (unser Band 73, 454 Seiten, Ganzleinen 49,00 €) enthielt bereits die Stücke „Der westindische Goethe“ und „Seine Schwester – oder seine Frau“, jeweils mit Goethe als Bühnenfigur.