von Jutta Stüber
Anleitung zur Intonationsanalyse
Band 68 der Orpheus-Schriftenreihe, 296 Seiten, Ganzleinen 36,50 €, ISBN 3-922626-68-8
Bei vielen Musikliebhabern und wohl bei allen Fachleuten steht die Gattung Streichquartett hoch im Kurs. Der hohen Meinung entspricht aber nicht ein gleich hoher Stand der Darbietung im Konzertsaal. Selbst die bekanntesten Streichquartette haben die Intonation nicht im Griff. Man spielt mit starkem (ausdrucksstarkem?) Vibrato und forciert an den heiklen Stellen das Tempo. Weder in dem einen noch in dem anderen liegt die Lösung. Zudem ist beides unhistorisch. Von dem Immer-schneller-werden versteht es sich von selbst; und was das Vibrato anbelangt, so weiß man inzwischen, daß die große Zeit der Musik lediglich ein Verzierungs-vibrato kannte, vergleichbar dem Triller. Das heute übliche Dauervibrato ist eine Errungenschaft des 20. Jahrhunderts und fällt, sicher nicht zufällig, zeitlich zusammen mit den Anfängen der atonalen Musik, in der es auf Intonationsreinheit nicht mehr ankam.
Das Dauervibrato, dem mit Sicherheit kein Dauerausdruck entspricht, ist unhistorisch und wird daher sicher nicht mehr lange unangefochten bleiben. Immer mehr Musiker werden zum vibratofreien Spiel übergehen, müssen sich dann aber dem Intonationsproblem stellen. Die von Jutta Stüber vorgelegten Ausgaben berühmter Streichquartette (siehe Rückseite) zielen darauf ab, den Quartettspieler in den Stand zu setzen, diese großartigen Werke in höchster Reinheit vorzutragen.
In diesen Ausgaben ist jede Tonhöhe definiert. Die von der Quintstimmung abweichenden Terz- und Septtöne sind mit einem Vertiefungs- oder Erhöhungszeichen kenntlich gemacht, das dem auf eine Korrektur bedachten, in akustischen Fragen aber nicht geschulten Musiker anzeigt, in welcher Richtung er die richtige Tonhöhe zu suchen hat. Weitere Hilfsmittel sind der unter den Noten stehende Klangschlüssel, der den Harmonieverlauf anzeigt, und das jeder Seite beigegebene Tonnetz, aus dem sich „auf einen Blick“ ergibt, welche Intervallbeziehungen zwischen den auf der betreffenden Seite verwendeten Tönen bestehen. Wer diese Hilfsmittel zu benutzen versteht, wird die problematischen Situationen schnell erkennen und meistern.
Ohne eine tonhöhengenaue Analyse geht es nicht. Mit dieser Ausgabe eines der beliebstesten Streichquartette zeigt Jutta Stüber, wie es gemacht wird. An Schuberts d-Moll Quartett „Der Tod und das Mädchen“ zeigt sie, wie sich der Quartettspieler mit Hilfe der mathematisch-harmonischen Analyse ein anspruchsvolles Werk selbst erarbeiten kann.